Gabriele
Gabriele ist meine geliebte Mutter. Sie hat in ihrem Leben so viel erlebt, dass passt in 3 Leben. Die letzte Herausforderung für Sie und uns als Familie war ihre Erkrankung. Es war alles plötzlich ganz anders als geplant, Sie wollte gemeinsam mit ihrem Ehemann und Familie den Lebensabend genießen. Die Arbeit war getan. Sie war eine selbstbestimmte Frau, sie wollte nie in Abhänigkeit leben.
September 2023 kamen die ersten Symptome, nur konnte sie keiner zuordnen .Ein Finger der linken Hand hatte Durchblutungsstörung , die Hand entwickelte eine Schwäche, sie konnte nicht mehr gut greifen und lies öfter etwas fallen. Die Beschwerden wanderten den ganzen linken Arm entlang. Ein Marathon begann von Arzt zu Arzt, bis der Neurologe sie in ein Krankenhaus für 3 Tage einwies. Dort folgten Untersuchungen. Sie wurde 3 Tage vor ihrem Geburtstag mit der Diagnose ALS entlassen, das war im Februar 2024.
Als sie mich anrief, verstand ich die Welt nicht mehr. Ich habe mal was von ALS gehört aber was es genau heißt…..riss uns allen den Boden unter den Füßen weg. Im Mai unternahmen wir in Familie nochmal eine Wanderung, es sollte in dieser Runde die letzte sein. Es ging relativ schnell, der zweite Arm stellte seine Funktion ein, gefolgt von den Beinen. Die Hilfsmittel die sie benötigte, konnten gar nicht so schnell beantragt werden, bzw. dauerte es bis diese genehmigt worden. Oft hatte sie die Hilfsmittel da und konnte sie nur noch wenige Tage oder gar nicht mehr nutzen. Die ALS Klinik Dresden und Ihr Netzwerk haben meine Mutter sehr unterstützt, auch ich habe versucht mit Anrufen bei Pflegekassen Vorgänge zu beschleunigen. Dabei kam auch ich oft an meine Grenzen, ich sah immer meine Mutter vor mir was sie alles nicht mehr kann ohne HILFE. Trotzdem hat man das Gefühl sich erklären zu müssen.
Leider habe ich in Sachsen so eine ALS Selbsthilfegruppe wie Ihre nicht ausfindig machen können, wäre uns sicher eine große Hilfe gewesen. Aber auch die Hausärztin meiner Mutter war immer da und konnte uns sehr gut beraten. Vielen Dank dafür. Meine Mutter hat sich gut bei Ihnen aufgehoben gefühlt.
Sie hatte ihren Ehemann, ein Pflegeteam und ein Palliativteam an ihrer Seite, die ihren Alltag erleichtert haben und eine sehr gute Unterstützung waren. Vielen lieben Dank an dieser Stelle. Ein Netz aus Therapeuten das sie sich selbst aufgestellt hat, kamen zu ihr nach Hause, auch da lieben Dank. Es gab ihr Hoffnung das die Krankheit vielleicht doch stagnieren könnte. Sie hat keiner aufgegeben vor allem Sie selbst sich nicht. Ein Transfer war nur noch über Lift möglich. Der elektrische Rollstuhl wurde vorsorglich im September 2024 bestellt, mit Augensteuerung. Geliefert wurde er im Februar 2025, da war sie schon an einen Leihrollstuhl angewiesen. Ich weiß nicht ob man das Freude nennen kann, wir waren froh endlich diesen multifunktionellen Rollstuhl bei uns zu haben. Mutti konnte sich sogar aufstellen und mich umarmen….das war so bewegend, wie glücklich uns das gemacht hat.
Als ich im März 2025 meine Mutti über ein längeres Wochenende wieder besucht habe, war für mich klar ich bleibe… Mein Arbeitgeber räumte mir die Freistellung zur Pflege ein, dafür vielen Dank. Jetzt konnte ich mithelfen und mit ihr noch ein paar gemeinsame Momente erleben und genießen soweit es ging. Aus einer Entfernung von 400 km ist das nicht so einfach.
Das Sprechen und Schlucken wurde schwieriger, alles ging so schnell. Der Verlust der Sprache war für meine Mutti und uns alle im Umfeld sehr schwer, für die Augensteuerung des Sprachcomputers war sie durch die ganzen Medikamente oftmals zu müde.Großen Dank an die liebevolle Nachbargemeinschaft, ihr habt gekocht, Garten gepflegt und was sonst noch so anfiel. Mutti konnte auf Euch zählen, wir auch.
Wir sind alle in unserer Familie an unsere Grenzen gekommen, mit dieser Krankheit fühlt man sich als Erkrankter und Angehöriger alleingelassen. Schmerzlich waren für mich die Berührungsängste und Hilflosigkeit die einen begegnen, das ist der Unbekanntheit geschuldet. Ich hoffe für alle es gibt eine Wendung, eine Zuwendung zu dieser Krankheit.
Am 27.05.2025 nahm meine Mutti ihre letzten Atemzüge. Sie verstarb in einem Hospiz, ihr Ehemann war bis zuletzt an ihrer Seite. Lieben Dank, dass du sie über die ganze Zeit so umsorgt hast. Die Schwestern des Hospizes lernte ich herzlich und fürsorglich kennen, ich danke Ihnen sehr.
Liebe Mutti Du warst tapfer, eine starke Frau …Du bist für mich ein Vorbild. Ich danke Dir für Alles.
Liebdrück Deine Kristin